Lieferantenkredit: Definition, Vorteile und Risiken für Unternehmen
Ein Lieferantenkredit ist eine Form der kurzfristigen Finanzierung, die Unternehmen vor allem in der Handelsbranche nutzen. Im Gegensatz zu klassischen Bankkrediten wird der Lieferantenkredit nicht durch die Vergabe von Finanzmitteln, sondern durch die Gewährung von Zahlungszielen durch den Lieferanten ermöglicht. Der Abnehmer einer Ware oder Dienstleistung hat somit die Möglichkeit, die Rechnung erst nach Ablauf einer bestimmten Frist zu begleichen – häufig 30 oder 60 Tage nach Erhalt der Ware. Diese Art der Finanzierung ist besonders nützlich, um kurzfristige Kapitalbedarfe zu decken und Liquiditätsengpässe zu überbrücken.
Wie funktioniert der Lieferantenkredit?
Ein Lieferantenkredit entsteht immer dann, wenn ein Unternehmen von einem Lieferanten eine Ware oder Dienstleistung erhält, aber nicht sofort, sondern erst nach einer vereinbarten Frist bezahlt. Dies bedeutet, dass der Käufer die Ware zwar sofort erhält, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt für die Lieferung zahlt. Die Höhe der Zahlungsfrist variiert je nach Branche, Vereinbarung und Verhandlungsgeschick, beträgt aber meist zwischen 30 und 90 Tagen.
Die Hauptvorteile eines Lieferantenkredits liegen in der unkomplizierten Handhabung und der Möglichkeit, ohne zusätzliche Kreditanträge oder Bankgespräche schnelle Liquidität zu sichern. Da dieser Kredit auf der Vertrauensbasis zwischen Käufer und Verkäufer beruht, ist er oft kostengünstiger als andere Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Bankkredite oder Kontokorrentkredite.
Der Nutzen von Zahlungszielen: Liquidität schonen
Ein wesentlicher Vorteil des Lieferantenkredits besteht in der Möglichkeit, die Zahlungsfrist auszunutzen. Da das Unternehmen die Rechnung erst zu einem späteren Zeitpunkt begleichen muss, kann es die Liquidität kurzfristig schonen und seine Betriebsmittel effektiver einsetzen. Unternehmen können mit Hilfe von Zahlungszielen Kapital binden und beispielsweise Warenbestände aufbauen oder Betriebsausgaben tätigen, ohne sofort in finanzielle Engpässe zu geraten.
Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten oder bei saisonalen Schwankungen kann der Lieferantenkredit ein wichtiger Baustein im Liquiditätsmanagement sein. Er ermöglicht es, ohne zusätzliche Finanzierungskosten die Unternehmensfinanzen zu stabilisieren.
Kostenloser Lieferantenkredit oder Skontogewährung?
In vielen Fällen werden Lieferantenkredite nicht nur als „Zahlungsziel“ gewährt, sondern auch durch Skontogewährungen versehen. Ein Skonto ist ein Rabatt, der dem Käufer eingeräumt wird, wenn er die Rechnung innerhalb eines bestimmten Zeitraums begleicht. Diese Rabattform dient dem Lieferanten nicht nur als Anreiz zur schnellen Zahlung, sondern auch als Mittel zur Sicherung der eigenen Liquidität.
Ein Beispiel für eine typische Skontoreglung ist die Vereinbarung eines Zahlungsziels von 30 Tagen mit einem Skonto von 3 %, wenn die Zahlung innerhalb von 10 Tagen erfolgt. Bei dieser Vereinbarung würde der Käufer statt der vollen Rechnungssumme nur 97 % der Rechnungsbetrags bezahlen. Dadurch können Unternehmen, die über ausreichende Liquidität verfügen, von einem kostenlosen Lieferantenkredit profitieren, wenn sie innerhalb der Skontofrist zahlen.
Kosten des Lieferantenkredits über die Skontofrist hinaus
Was passiert jedoch, wenn der Abnehmer die Rechnung nach Ablauf der Skontofrist zahlt? In diesem Fall wird der Lieferantenkredit für die restliche Zahlungsfrist teuer. Sofern der Kredit nach der Skontofrist in Anspruch genommen wird, fallen Zinsen in Höhe des Skontosatzes für die restliche Dauer der Zahlungsfrist an. Diese Zinsen sind nicht nur hoch, sondern auch unflexibel, da der Kreditnehmer keinen Einfluss darauf hat, die Konditionen nachträglich zu ändern.
Wenn zum Beispiel der Skontosatz 3 % für eine Zahlungsfrist von 30 Tagen beträgt, wird der Zinssatz für die 20 Tage nach der Skontofrist rechnerisch auf einen p.a. Zinssatz von 54 % angehoben. Dies bedeutet, dass der Lieferantenkredit jenseits der Skontofrist zu den teuersten Finanzierungsformen gehören kann. Finanzmathematisch betrachtet, ergibt sich bei dieser Berechnung ein jährlicher Zinssatz von 74,35 %.
Die Hohe Kosten dieses Kredits über die Skontofrist hinaus verdeutlichen, dass Unternehmen, die in Zahlungsengpässe geraten, in Gefahr laufen, durch den Lieferantenkredit hohe Zinsen zu zahlen, was zu einer erheblichen Belastung der Unternehmensfinanzen führen kann.
Vor- und Nachteile des Lieferantenkredits
Vorteile:
- Flexibilität: Der Lieferantenkredit ermöglicht es Unternehmen, ihre Liquidität kurzfristig zu verbessern, ohne dass dafür eine externe Finanzierung durch Banken notwendig ist.
- Einfache Handhabung: Die Abwicklung erfolgt direkt zwischen Käufer und Lieferant, was den Verwaltungsaufwand reduziert.
- Keine Zinsen in der Skontofrist: Wenn die Zahlung innerhalb der Skontofrist erfolgt, können Unternehmen den Lieferantenkredit praktisch zinsfrei nutzen.
- Bessere Liquidität: Unternehmen können ihre Mittel in anderen Bereichen des Betriebs einsetzen, während sie die Zahlungsfrist für Waren und Dienstleistungen ausschöpfen.
Nachteile:
- Hohe Kosten bei Überschreitung der Skontofrist: Wenn das Zahlungsziel überschritten wird, können die Zinsen drastisch steigen und den Kredit zu einer teuren Finanzierungsoption machen.
- Unflexibilität: Nach Ablauf der Skontofrist gibt es keine Möglichkeit, einen niedrigeren Zinssatz für spätere Zahlungen auszuhandeln.
- Vertragliche Verpflichtungen: Lieferanten haben ein berechtigtes Interesse an einer schnellen Zahlung, was die Verhandlungsbedingungen für den Käufer verschärfen kann.
Wie man den Lieferantenkredit richtig nutzt
Um den Lieferantenkredit optimal zu nutzen, sollten Unternehmen vor allem auf die folgenden Punkte achten:
- Skontofrist beachten: Wenn möglich, sollte die Zahlung innerhalb der Skontofrist erfolgen, um die Kosten des Kredits zu vermeiden.
- Zahlungsziele abstimmen: Es ist wichtig, die Zahlungsziele im Vorfeld mit dem Lieferanten abzustimmen und gegebenenfalls zu verhandeln, um eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung zu finden.
- Liquiditätsplanung: Unternehmen sollten ihre Liquidität genau planen und sicherstellen, dass sie in der Lage sind, die Rechnungen innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens zu begleichen, um hohe Zinsen zu vermeiden.
- Vermeidung von unnötigen Verzögerungen: Lange Zahlungsziele können auf lange Sicht teurer werden, insbesondere wenn das Unternehmen regelmäßig die Skontofrist überschreitet.
Fazit: Der Lieferantenkredit als Finanzierungsinstrument
Der Lieferantenkredit ist ein wertvolles Instrument für Unternehmen, die ihre Liquidität schonen und kurzfristige Kapitalbedarfe decken möchten. Es bietet viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf Flexibilität und die Möglichkeit, Zahlungen zu verschieben. Es ist jedoch wichtig, die damit verbundenen Kosten und Risiken zu verstehen, besonders wenn das Zahlungsziel überschritten wird. Unternehmen sollten den Lieferantenkredit daher gezielt und vorausschauend nutzen, um von den Vorteilen zu profitieren, ohne unnötig hohe Kosten zu riskieren.