Finanzierung aus dem Umsatzprozess (temporär akkumulierende Finanzierung)
Die den Unternehmen zur Verfügung stehende dritte Kapitalquelle ist die Finanzierung aus dem Umsatzprozess. Jede Einnahme aus dem Umsatzprozess ist als eine Finanzmittelbeschaffung anzusehen und substituiert die Aufnahme von Finanzmitteln z.B. vom Unternehmens- oder Bankenkreditmarkt. Die Einnahme von Vorauszahlungen im Rahmen des Industrieclearings (vgl. Kapitel III.) ist ebenso hierzuzurechnen wie der Verkauf zusätzlicher Betriebsleistungen zu Niedrigpreisen. Mit diesem durch Unternehmensdisposition aus dem Umsatzprozess schneller oder zusätzlich beschafften Finanzmitteln ist es möglich, fällige Auszahlungen für Personal, Miete, Rohstoffe etc. zu begleichen, ohne dass auf andere Kapitalquellen zurückgegriffen werden muss. Sind die für einen bestimmten Zeitraum vorliegenden Einnahmen größer als die laufenden Ausgaben aus dem Betriebsprozess, so werden der Unternehmung durch den Verkauf von Betriebsleistungen in diesem Zeitabschnitt netto Finanzmittel zugeführt. Insofern liegt in diesem Fall eine weitere Finanzierungsmöglichkeit vor, die nicht auf die Kapitalquellen Eigenkapitalmarkt oder Fremdkapitalmarkt zurückgreift.
In wirtschaftlich normalen Perioden sind in den Marktpreisen für die Betriebsleistungen die in den jeweiligen Zeiträumen nicht ausgabenwirksamen Abschreibungs-, Rückstellungs- und Gewinnraten enthalten. Die aus dem Umsatzprozess temporär angesammelten Finanzmittel werden erst in späteren Perioden für Ersatzinvestitionen der dann veralteten Potentialfaktoren, für die Bedienung von Rückstellungsansprüchen und für Gewinnausschüttungen benötigt. Diese Einnahmen stehen der Unternehmung jedoch nicht dauerhaft zur Verfügung, da sie nach einer zeitlich begrenzten Akkumulation für die oben genannten Zwecke als Ausgaben verwendet werden.
Die dargelegte Form der temporär akkumulierenden Finanzierung aus dem Umsatzprozess basiert auf einer finanzwirtschaftlichen Sichtweise mit einer hierzu notwendigen Cash Flow-Betrachtung. Diese ist streng von einer bilanziell konstatierenden Selbstfinanzierung als bilanzielle Sichtweise zu trennen, da in diesem Fall aus dem ex post aufgestellten Jahresabschluss der einbehaltene Gewinn als Selbstfinanzierung definiert wird. Unternehmen können auch in den Jahren, in denen sie handelsrechtlich einen Verlust konstatieren, zumindest noch Teile der Abschreibungs- und Rückstellungsgegenwerte verdienen. Verlustsituationen dieser Art sind kurzfristig finanzwirtschaftlich nicht als besonders besorgniserregend einzustufen, da der Unternehmung netto Finanzmittel zufließen, so dass Neuinanspruchnahmen des Eigen- und Fremdkapitalmarktes zur Aufrechterhaltung des bisherigen Geschäftsvolumens nicht notwendig sind.